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Überlegungen zum Fotografieren bei Aktionen und Medienarbeit
Auf keinen Fall planlos filmen/fotografieren!
Aufnahmen zu machen, einfach nur weil „was Spannendes“ passiert ist auch potentiell gefährlich für andere. Es sollte einen GUTEN Grund geben, Fotos/Videos auf der Aktion zu machen. Es ist sinnvoll, sich darüber auszutauschen, ob fotografieren aktuell Sinn macht.
Die Behörden sammeln Gesichter von Aktivist:innen, um sie zu identifizieren, Verbindungen zwischen Demonstrant:innen herzustellen oder kriminelle und terroristische Organisationen zu konstruieren. Und auch Neonazis, FPÖ, Abtreibungsgegner:innen und ähnliche haben Interesse an Bildern ihrer Gegner:innen, also von uns, zum Beispiel, für Aufrufe zur Kriminalisierung oder zur Gewalt gegen Linke, Antifaschist:innen, Feministinnen*, …
Wenn das Erstellen und Verbreiten von Bildmaterial gut überdacht wird, kann es Teil einer sinnvollen Medienarbeit sein und zu einer emanzipatorischen Gegen-Öffentlichkeit beitragen und manchmal als entlastendes Beweismittel dienen.
Wenn du fotografierst oder filmst
- Überprüfe vor der Demo welche privaten Aufnahmen oder Aufnahmen von früheren Demos/Aktionen du auf deinem Gerät hast und lösche sie gründlich! Einfach gelöschte Daten sind leicht wieder herstellbar. Wie du Daten sicher löschen kannst, findest du hier im Wiki.
- Überlege dir vor der Demo, was und wofür du fotografierst/filmst. Willst du nur deine Privatsammlung aufpeppen, dann lass es bitte bleiben!
- Sei dir bewusst, dass dir die Speichermedien abhanden kommen können, denk daran auch schon beim Filmen/Fotografieren. Überlege dir, wie du potentiell problematische Aufnahmen schnell aus der Reichweite der Behörden bekommst und nimm Ersatzkarten mit. Wenn möglich verwende ein verschlüsseltes Gerät zum Filmen.
- Bei “Straftaten” oder unklaren Situationen das Fotografieren und Filmen direkt und sofort einstellen! Die reißerische “Action-Cam” für die nächsten “geilen Mobivideos” braucht kein Mensch. Aber sie gefährdet Aktivist:innen!
- Bei der Veröffentlichung von Bildern achte darauf, dass keine Leute mehr zu erkennen und zu identifizieren sind. Mache Gesichter unkenntlich ( verpixeln), damit sie nicht zur Grundlage behördlicher Bedrohungskonstruktionen und nicht zur Illustration von Abschusslisten von Neonazis verwendet werden können.
- Mache keine Portraitaufnahmen von Leuten.
- Du trägst die Verantwortung dafür, dass die von dir gemachten Aufnahmen niemals in falsche Hände geraten! Verschlüssle daher Bilder, Filme, Speicherkarte und die Festplatte zuhause.
- Frage Leute bevor du sie filmst oder fotografierst, ob sie damit einverstanden sind. Du gibst ihnen dadurch die Gelegenheit, selbst zu entscheiden und z.B. das schicke Transpi, welches unbedingt eine breite Öffentlichkeit sehen sollte, kameragerecht vors Gesicht zu halten. Damit hast du ein gutes Foto und auch die Gewissheit solidarische Medienarbeit zu machen. Wenn du ein “Nein” bekommst, dann akzeptiere es.
- Gib den Leuten die Möglichkeit, sich vor einer Aufnahme zu schützen. Mache keine versteckten Aufnahmen, sondern zeige allen deutlich, dass du fotografierst oder filmst, etwa indem du dir eine Jacke anziehst oder eine Tafel umhängst oder ein Fähnchen ansteckst, worauf deutlich “Fotograf:in”, “Vorsicht Kamera!”, “Doku-Team”, “Presse” oder ähnliches steht.
- Nicht alle, die du interviewst, sind geübt oder geschult im Umgang mit Medien. Unterbrich sie und stoppe die Aufnahme, wenn sie sich oder andere mit ihren Aussagen gefährden.
- Bedenke insbesondere bei Live-Streams, dass das, was du sendest, von Behörden und gewalttätigen Gegner:innen gespeichert und verwendet wird, ohne dass du die Möglichkeit hast, heikle Szenen rauszuschneiden.
- Schwenke die Kamera notfalls nach unten, bedenke aber, dass Personen auch anhand ihrer Kleidung und Schuhe identifiziert werden können.
- Wenn du Aufnahmen gemacht hast, die für ein polizeiliches oder gerichtliches Verfahren von Bedeutung sein können, mit denen z.B. polizeiliche Vorwürfe gegen eine oder mehrere Personen entkräftet werden können, veröffentliche diese nicht, sondern lasse sie auf sicheren Wegen Rechtshilfestrukturen zukommen, damit sich die Polizist:innen ihre Aussagen nicht in Kenntnis der Aufnahmen zurechtbiegen können.
- Metdaten können viel über dich und andere verraten. Bevor du Bilder oder ähnliches ins wo hochladest, achte darauf Metadaten zu entfernen. Wie du Metadaten entfernen kannst, findest du hier im Wiki.
Social Media
Social Media erlaubt es rasch Information über Geschehnisse auf Demonstrationen nach außen zu bringen, um das Meinungsklima über die Proteste zu beeinflussen oder um solidarische Personen zu mobilisieren oder auch um innerhalb der Demonstration zu kommunizieren. Bitte bedenke aber, dass alle diese Meldungen nicht intern bleiben. Überlege, was du wie weitergibst. Für die Weitergabe geheimer Treffpunkte eignen sich diese Medien nicht.
Wenn du Informationen über solche Kanäle bekommst, versuche die Vertrauenswürdigkeit deiner Quelle einzuschätzen. Gerade bei Großdemonstrationen kommt es immer wieder zu Falschinformationen, die lanciert werden, um Verwirrung zu stiften.
Wenn du wichtige gesicherte Informationen erhalten hast, gib sie auch an andere Demonstrant:innen weiter. Kommunikation funktioniert auch mündlich, ohne Smartphone, bisweilen sogar schneller und verlässlicher.
Berichterstattung, Kommentare, Nacherzählungen sind ein wichtiger Bestandteil von Protesten und Aktionen. Sie bieten die Möglichkeit – unabhängig von Mainstream-Medien und APA-Meldungen – Gegenöffentlichkeit herzustellen, und für kommende Aktionen auch Reflexionsprozesse unterstützt. Wie bei anderen Medienformaten gilt es aber auch hier mitzudenken: Repressionsbehörden lesen mit! Veröffentlicht keine Namen von Personen. So wie Fotos können natürlich auch Namen in Berichten unangenehme Folgen für die Betroffenen haben. Stellt keine wilden Spekulationen an, streut keine Gerüchte, sondern, wenn sie unbedingt sein müssen, kennzeichnet diese klar als solche, veröffentlicht keine Interna! Achtet auch auf eure eigene Sicherheit und veröffentlicht im Zweifelsfall die Berichte anonym.